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Zivile Kanonenbootpolitik

Entwicklungskorridore für die Agrarindustrie in Afrika

Von Uwe Hoering, März 2013

Heutzutage sind keine Kanonenboote mehr nötig, um Zugang für Investoren zu Absatzmärkten und Rohstoffen zu öffnen. Die G8-Regierungen, das Weltwirtschaftsforum, Weltbank und Internationaler Währungsfonds oder private Stiftungen wie Rockefeller und Gates haben ganz andere Waffen, um ökonomische Interessen durchzusetzen. Doch das neue Konzept der ‚Korridore für landwirtschaftliche Entwicklung’ erinnert fatal an koloniale Erschließungsstrategien.

Die Verkehrsinfrastruktur in Afrika südlich der Sahara ist auch Jahrzehnte nach deren Ende noch durch die Kolonialzeit geprägt. Von Häfen wie Mombasa, Dar es Salaam, Beira, Benguela oder Dakar wurden von den unterschiedlichen  Kolonialmächten Eisenbahnlinien und Straßen gebaut, um aus dem Innern des Kontinents Bodenschätze, Kaffee, Tee und andere Agrarprodukte herauszuschaffen. Noch heute bestehen kaum Querverbindungen zwischen diesen Ausplünderungs-Korridoren. Unzureichende Investitionen haben dazu geführt, dass sie vielfach marode sind, der Betrieb entsprechend unzuverlässig ist und nicht selten ganz eingestellt wurde.

Doch seit einigen Jahren erleben sie eine Renaissance, dieses Mal als sogenannte ‚Entwicklungskorridore’, um eine afrikanische grüne Revolution voranzubringen. Als infrastrukturelles Rückgrat sollen sie private Investoren anlocken und die Integration in Handel und Wertschöpfungsketten bringen, wobei vor allem Agrarprodukte im Vordergrund stehen. Geplant wird, entlang der Verkehrsverbindungen Landwirtschaftsprojekte anzusiedeln. Produktion, Handel und ländliche Regionen würden aufblühen, Armut und Hunger schwinden. Da dafür erhebliche Investitionen notwendig sind, unter anderem für die Rehabilitierung und den Ausbau der Infrastruktur, geht mit ihnen eine Wiederbelebung der Konzepts der Öffentlich-Privaten Partnerschaften (PPP) einher. Regierungen und private Investoren sollen gemeinsam die erforderlichen Finanzmilliarden aufbringen, eine Idee, die bereits in den 1990 Jahren als Versuch, die Probleme städtischer Wasserversorgung zu lösen, nicht nur in Berlin, sondern auch in vielen Metropolen des globalen Südens grandios gescheitert ist.

 

Beira Agricultural Growth Corridor

Das Ganze ließ sich zunächst auch vielversprechend an: Der norwegische Konzern Yara schaffte es, die Idee der ‚Entwicklungskorridore’ für die Landwirtschaft zunächst 2008 auf die Tagesordnung der UN-Generalversammlung zu heben, anschließend wurde sie vom Weltwirtschaftsforum WEF in Davos aufgegriffen. Inzwischen stieß auch die von der Gates-Stiftung initiierte Alliance for a Green Revolution in Africa, AGRA, als ein führender Partner dazu. Yara ist weltweit größter Hersteller und Lieferant von Kunstdünger und versucht seit Jahrzehnten, sich mit ‚Düngergipfeln’ wie im Juni 2006 in Nigeria und Lobbyarbeit bei Regierungen, Geldgebern und Stiftungen den afrikanischen Markt zu erschließen.

Die Regierung von Mosambik, die vergeblich versucht hatte, privates Kapital für die Agrarentwicklung ins Land zu holen, war eine der ersten, die das Konzept übernahmen. Für die Umsetzung des Beira Agricultural Growth Corridor, BAGC, engagierte Yara Beratungsfirmen, die an der Schnittstelle ‚privat-öffentlich’ arbeiten wie Prorustica, InfraCo und AgDevCo, alle mit Sitz in Großbritannien und der britischen Entwicklungsbehörde DfID eng verbunden. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos 2009 wurde das Projekt offiziell gestartet. Als Morgengabe versprach Yara, 20 Millionen US-Dollar in den Ausbau der Hafens von Beira, in Lagerhallen und Verarbeitungsbetriebe zu stecken. Weitere Initiativen in Mosambik sind der Nacala-Korridor im Nordwesten (Karte) und der Zambezi Valley-Korridor, der der Infrastruktur folgt, die Bergbau- und Erdölunternehmen, gelegt haben. Hier soll das ehrgeizige Agrarentwicklungsprojekt ProSavana umgesetzt werden, das die Regierung mit Brasilien und Japan plant.

Der Beira-Korridor umfasst nahezu ein Drittel der Fläche von Mosambik (Karte). Sein infrastrukturelles Rückgrat ist die 1898 fertiggestellte Bahnlinie von Beira ins damalige britische Rhodesien und damit ins heutige Simbabwe und Sambia sowie in die DR Kongo, und die Bahnlinie in die Tete-Provinz mit ihren Kohlegruben und weiter nach Malawi. Die Region wurde bereits während der portugiesischen Kolonialzeit für riesige Zuckerrohrplantagen und Baumwollanbau genutzt, oft durch weiße Siedler und mit einheimischen Zwangsarbeiter. Nach der Unabhängigkeit gab es eine kurze Phase mit Staatsfarmen, die im Rahmen von Strukturanpassungsprogrammen teilweise privatisiert wurden. Heute, so heißt es im Projekt-Dokument, seien nur 1,5 Millionen Hektar der zehn Millionen Hektar landwirtschaftlich geeigneter Flächen genutzt, vor allem von Kleinbauern.

 

Furcht vor Land grabbing

Wie viel Land für neue kommerzielle Farmen zur Verfügung steht, ist unklar und hängt auch davon ab, was unter „verfügbar“ verstanden wird.  Eins der Ziele ist zunächst, die Bewässerungsfläche von gegenwärtig 1.200 Hektar bis 2030 auf 200.000 Hektar auszuweiten. Für das Bewässerungsprojekt PROIRRI hat die Weltbank bereits 70 Millionen US-Dollar bereitgestellt.

Bislang haben 4.000 Bauern im Rahmen von BAGC Verträge als Outgrower unterzeichnet, 50.000 sollen es bis 2015 werden. Während einige auf neue Chancen hoffen, überwiegt die Befürchtung, vom besten Land vertrieben zu werden. Zwar haben kleinbäuerliche Betriebe mit dem Landgesetz von 1997, das als eines der progressivsten in Afrika südlich der Sahara gilt, gesicherte Nutzungsrechte. Doch die müssen immer wieder bestätigt und gegen politische Interessen und wirtschaftliche Macht verteidigt werden. Einige ausländische Geber üben angeblich seit Jahren Druck auf die Regierung in Maputo aus, die Gesetzgebung zugunsten von Investoren zu ändern.

Land grabbing könnte dadurch erleichtert werden, dass viele Landbesitzer, die von der Privatisierung profitiert haben, zur politischen und wirtschaftlichen Herrschaftsclique des Landes gehören. Und dass es anscheinend kein öffentlich zugängliches Verzeichnis von Land oder privaten Landbesitzern beziehungsweise Pächtern in dieser Region gibt (Kaarhus, 11). Nach Angaben des Centre for the Promotion of Agriculture, der staatlichen Behörde, die öffentlich-private Partnerschaften im Agrarsektor fördert, waren 2009 bereits fünf große kommerzielle Projekte in der BAGC-Region bewilligt worden, davon 173.000 Hektar für Eukalyptus und 50.000 Hektar für Energiepflanzen (Kaarhus, 26).

 

SAGCOT

Ein Rückschlag war die Entscheidung des Düngemittelkonzerns Yara, seine Zusage zurückzuziehen, 20 Millionen US-Dollar in den Ausbau des Hafens von Beira zu stecken. Angeblich war der Baugrund, der dafür zur Verfügung gestellt wurde, ungeeignet. Stattdessen setzt er jetzt auf den Southern Agricultural Growth Corridor of Tanzania, SAGCOT, wo ihm im Hafengelände Land in bester Lage zugeschanzt wurde – begleitet von Gerüchten über Korruption.

Auch zu SAGCOTs Vätern gehört das Weltwirtschaftsforum, bei dessen Afrika-Gipfel 2010 das Vorhaben aus der Taufe gehoben wurde. Neben der Regierung von Tansania sind angeblich 20 Agrarkonzerne und andere private Unternehmen mit Absichtserklärungen dabei, darunter der Saatgut- und Chemiekonzern Monsanto und der Nahrungsmittelriese Unilever. Das Korridor-Projekt ergänzt das nationale Agrarentwicklungsprogramm Kilimo Kwanza („Agriculture First“), das vom tansanischen Unternehmerverband initiiert und von der Regierung 2009 übernommen wurde, um die Landwirtschaft durch den privaten Sektor zu modernisieren und zu kommerzialisieren.

Vorgesehen sind staatliche Investitionen in Straßen und Dämme, Steuererleichterungen für Unternehmen und die ‚Klärung’ von Landnutzungsrechten. In den nächsten 20 Jahren sollen 2,1 Milliarden US-Dollar an privaten Investitionen in den Korridor gelockt werden, andere Quellen hoffen sogar auf bis zu drei Milliarden. Zentraler Baustein sind ‚Partnerschaften’ zwischen internationalen Agrarinvestoren und einheimischen Unternehmen, kleinbäuerliche Betrieben sollen als Vertragsbauern eingebunden werden.

Ähnlich wie der Beira-Korridor ist auch SAGCOT riesig und deckt mit annähernd 300.000 Quadratkilometern rund ein Drittel der Fläche Tansanias ab, ein Gebiet von Dar es Salaam an der Küste bis zur Grenze von Sambia (Karte). Ein Strang seiner Infrastruktur ist TAZARA, die „Freiheits-Bahnlinie“, die mit chinesischer Hilfe in den 1970er Jahren in Rekordzeit gebaut wurde, um Sambias Kupfererz-Exporte von den Apartheid-Regimen in Rhodesien und Südafrika unabhängig zu machen, ein zweiter der parallel dazu verlaufende TanZam-Highway, den Weltbank und USAID in Konkurrenz zum chinesischen Engagement gefördert haben, der dritte die TAZAMA-Pipeline.

In sogenannten Clustern sollen Farmen, Zulieferer, Dienstleister, Institutionen und Beratungsdienste angesiedelt werden: Lieferanten von Maschinen und anderen Betriebsmitteln, Geldinstitute, Lager- und Kühlhäuser, Bauunternehmen, die Straßen und Kanäle bauen können, .... „Allerdings muss sich erst noch erweisen, ob große Investoren an diesen Clustern interessiert sind oder ob sie profitabel sind“ (SPORE, 16).

Erklärtes Ziel ist die Einbindung bäuerlicher Betriebe in die Absatzmärkte und Produktionsketten. Dafür werden verschiedene Modelle von Vertragslandwirtschaft gehandelt: Beim Outgrower-Modell gruppieren sie sich um einen kommerziellen Kernbetrieb, der den bäuerlichen Betrieben Dienstleistungen verkauft wie Verarbeitung, Lagerhaltung oder Vermarktung. Bei den Serviced Farm Blocks pachtet ein größeres Unternehmen eine ganze Region und verpachtet einzelne Blocks unterschiedlicher Größe an kommerzielle und bäuerliche Betriebe weiter, die damit stärker noch als Outgrower, die ihr eigenes Land besitzen, in Abhängigkeit geraten.

 

Öffentliches Geld

Ein Problem ist die Zwickmühle, in der sich diese Konzepte befinden: Ohne verbesserte Infrastruktur kommen keine Investoren, doch wenn Investoren ausbleiben, sind staatliche Investitionen wortwörtlich in den Sand gesetzt. Und die Gefahr, dass Unternehmen zögern, ist groß, da die Erschließung kommerzieller landwirtschaftlicher Nutzflächen hohe Risiken birgt. Die hochfliegenden Gewinnerwartungen, die manche Agrar-Investmentfonds versprechen, sind keineswegs gesichert und bestenfalls längerfristig zu realisieren. Hier kommen nun ‚Non-profit’-Entwicklungsunternehmen ins Spiel wie AgDevCo und Prorustica, die den Investitionsplan für SAGCOT erstellt haben, und InfraCo, die entsprechend beim Beira-Korridor tätig war, um die Projekte mit anzuschieben.

Um die Durststrecke zu überbrücken, wird „geduldiges Kapital“ gesucht, das einer der Vordenker dieser neuen Kapitalform, Keith Palmer von AgDevCo, definiert als „langfristig angelegtes Kapital, das von der internationalen Gemeinschaft zu vergünstigten Bedingungen bereitgestellt wird“. Es handelt sich also um die Forderung nach einer langfristigen Subventionierung, um kommerzielle Landwirtschaft möglich zu machen. Hoffnungen richten sich dabei unter anderem auf Pensionsfonds, die über Milliarden an Anlagekapital verfügen.

Mit öffentlichen Geldern wurden zudem bereits ‚Katalytische Fonds’ eingerichtet, aus denen beispielsweise AgDevCo Zuschüsse und günstige Kredite als Anschubfinanzierung an Unternehmen vergeben, die aber auch kleinere, nicht unmittelbar profitable Investitionen wie ländliche Infrastruktur fördern sollen. Für SAGCOT wurde ein Fonds gestartet, für den Regierung, USAID und die  Weltbank umgerechnet 51 Millionen Euro zugesagt haben, für den Beira-Korridor sind es 15 bis 20 Millionen Euro, finanziert von der britischen Entwicklungsbehörde DfID und der Regierung Norwegens, die ein besonderes Interesse am Erfolg der Korridore hat: Das Handels- und Industrieministerium ist nämlich größter Anteilseigner an Yara. Entsprechend hofft das norwegische Entwicklungsministerium denn auch, dass das „ein Modell für andere Länder werden kann“ (zitiert bei Kaarhus).

 

Ins Herz des Kontinents

Diese Initiativen, so ambitioniert sie bereits sind, sind lediglich Bausteine sehr viel größerer Pläne. 2011 hat das Weltwirtschaftsforum eine ‚Neue Vision für die Landwirtschaft’ vorgestellt. Ernährungssicherheit, ökologische Nachhaltigkeit und wirtschaftliches Wachstum sollen gefördert werden, wobei der Privatwirtschaft eine Schlüsselrolle zugedacht ist. Die Notwendigkeit eines solchen neuen Anlaufs wird mit den beiden magischen Schlagwörtern, die die Diskussion noch jeder Privatisierungspolitik im Agrarbereich rechtfertigen müssen, begründet: Bevölkerungswachstum („feeding 9 billion“) und Produktionswachstum („70 Prozent“, so die FAO). Nach Angaben des WEF wird dieses Projekt von annähernd dreißig globalen Unternehmen unterstützt, die die gesamte Versorgungskette vertreten, von Dünger (Yara) und Saatgut (Monsanto, Syngenta, BayerCropScience) über Agrarchemie (BASF) bis zu  Supermarktketten (Shoprite, Wal-Mart), Welthandel (Cargill, DuPont) und Nahrungsmittelmultis (Unilever, Nestlé, Coca-Cola), die alle wachsendes Interesse an Absatzmärkten und Zugang zu agrarischen Rohstoffen in Afrika haben und dafür eine verlässliche Infrastruktur brauchen.

Ein Ableger der ‚Neuen Vision’ ist die Initiative Grow Africa, eine "Plattform", die vom Weltwirtschaftsforum und NEPAD, der Entwicklungspartnerschaft der Regierungen der Afrikanischen Union mit den großen internationalen Gebern, gestartet wurde. Sie koordiniert unter anderem die Aktivitäten in allen neuen Korridoren. Damit soll sichergestellt werden, dass sie mit den Zielen von CAADP, dem NEPAD-Agrarentwicklungsprogramm für Afrika, übereinstimmen – dessen Umsetzung allerdings weit hinter den Versprechungen und Zielen zurück hängt.

Für eine regionale, grenzüberschreitende Entwicklungsstrategie ist der Ausbau der Infrastruktur nur ein Faktor, wenn auch ein wichtiger. Auch andere Handelshindernisse sollen abgebaut werden, denn durch schleppende Grenzabfertigung, Zölle oder Straßengebühren sind die Transportkosten in Afrika hoch, die Zeiten, die  Güterzüge oder Lastwagen unterwegs sind, lang und für Spediteure und Unternehmen schwer zu kalkulieren.

Ein wesentlicher Aspekt dabei ist die Forderung der internationalen Entwicklungsorganisationen und Regierungen der Industrieländer nach einer regionale Handelsliberalisierung, dem Abbau von Zöllen und Tarifen zwischen den Ländern, die vielfach eine wichtige Einnahmequelle für die Regierungen sind.  So lockte jüngst erst die Weltbank mit der Prognose, Afrika könne sich selbst ernähren ("Africa can help feed Africa"), wenn der regionale Handel mit Nahrungsmitteln erleichtert würde. In der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS treiben die USA „offenere und schnellere Handelswege“ voran, um private Investitionen zu fördern. Und weitere neue Korridore entstehen wie die Verbindungen zwischen den Erdölfeldern im Südsudan und der kenianischen Küste, wo unweit der alten Hafenstadt Lamu ein neuer, riesiger Verladehafen entstehen soll. Für diesen Lamu Port and Lamu-Southern Sudan-Ethiopia Transport Corridor, LAPSSET, sind Kosten von 16 Milliarden Euro veranschlagt.

Die Landwirtschaft, die entlang dieser neuen Infrastruktur entstehen soll, ist nahezu ausschließlich auf den Export ausgerichtet: Mangos, Zuckerrohr, Rindfleisch, Ananas, Avocados, Häute und Reis, bei dem unklar ist, wie viel davon für die einheimische Versorgung bleiben wird. Der Golfstaat Katar will als Gegenleistung für einen Milliardenkredit bis zu 40.000 Hektar Land pachten, um Agrarprodukte für die Eigenversorgung anzubauen.

Die landwirtschaftlichen Entwicklungszonen sind damit nur ein Teil einer umfassenden Strategie, den Kontinent für überwiegend ausländische Wirtschaftsinteressen zu erschließen. Wie in der Kolonialzeit würden dann Rohstoffe wie Kohle, Gas und Erdöl, Metalle und seltene Erden, Holz und Agrarprodukte exportiert, umgekehrt würden Absatzmärkte nicht nur für Dünger, Saatgut und Maschinen erschlossen, sondern für viele andere Produkte – und natürlich auch für andere Weltmarktakteure wie China und Indien, die bislang bei diesen vorwiegend europäisch-amerikanischen Strategieplanungen keine große Rolle spielen.

 

Die Probe aufs Exempel

Während sich Initiativen wie BAGC und SAGCOT noch weitgehend im Konzeptionierungs-Stadium, gibt der Maputo Development Corridor, MDC, Hinweise darauf, wer von diesen Investitionen und Liberalisierungsschüben profitiert – und wer nicht.

Der Maputo-Korridor war das erste PPP-Projekt im Südlichen Afrika und verbindet die Hauptstadt von Mosambik mit Südafrika, besonders mit Johannesburg und der Umgebung, in der viel Industrie und Bergbau angesiedelt sind. Sein Ausbau wurde nach dem Ende des Apartheid-Regimes vor allem von Südafrika seit Mitte der 1990er Jahre verstärkt vorangetrieben, als Alternative und Entlastung für den Hafen von Durban. Zwar hatte er anfänglich keinen landwirtschaftlichen Schwerpunkt, doch gibt es  inzwischen mit Projekten wie PROSUL, das von der UN-Landwirtschaftsorganisation IFAD mit gefördert wird, Initiativen, die ähnlich wie in den anderen Korridoren eine Entwicklung entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Agrarbereich bringen soll.

Auf dem Papier, so eine Studie über den Maputo-Korridor (Byiers), verspricht der Korridor-Ansatz die Lösung vieler Probleme, die Produktivitätssteigerungen oder eine Ausweitung des Agrarhandels behindern. Er kann sowohl ‚harte’ Komponenten wie Infrastruktur verbessern, als auch ‚weiche’ Hindernisse wie Bürokratie und Zollbestimmungen abbauen. Zu den Erfolgen des Maputo-Korridors zählt Byiers den Ausbau der Infrastruktur, vor allem der Straßen, den Aufbau der Aluminiumschmelze Mozal und der entsprechenden Infrastruktur wie Wasser- und Stromversorgung, Zulieferer und Dienstleistungen, die Verringerung der Transportzeiten und die Effizienzsteigerung im Hafen von Maputo, dessen Betrieb von einem privaten britisch-schwedisch-portugiesischen Konsortium übernommen wurde.

Aber es gibt auch weiterhin viele Schwierigkeiten. Dazu gehören hohe Transaktionskosten, besonders für kleinere Betriebe, eine Vielzahl von staatlichen Behörden und Akteuren, nationalen Unternehmen und internationalen Konzernen, Finanzinstitutionen und Gebern, alle mit unterschiedlichen Interessen und Gewicht, die eine Koordinierung schwierig machen und kleine Akteure ausschließen. Zudem zeigen Gespräche mit Unternehmern, dass Hindernisse beim grenzüberschreitenden Handel nur ein Teil des Problems sind: die eigentlichen Schwierigkeiten für wirtschaftliches Engagement würden „hinter der Grenze“ liegen: Ungünstige Investitionsbedingungen, Bürokratie oder Korruption würden vor allem kleinere Unternehmen und landwirtschaftliche Betriebe treffen.

Ein zentrales Resümee der Studie ist denn auch: Der Maputo-Korridor ist vor allem auf die Interessen und Bedürfnisse von Big Business aus Südafrika und einigen Industrieländern zugeschnitten. Dagegen würde er bestenfalls zwei bis zehn Prozent der Kleinbauern wirtschaftlich helfen, und das auch nur im informellen Sektor. Kleinbauern und kleine Unternehmen gezielt so einzubinden, dass auch sie von den Vorteilen des Korridors profitieren würden, sei zu kompliziert, teuer und zeitaufwändig.

Angesichts der zahlreichen Risiken und Unwägbarkeiten, die der Korridor-Ansatz mit sich bringt, fragt Kaarhus denn auch in ihrer Studie: Wer trägt eigentlich die Verantwortung, wenn die ganze Sache schief geht, wenn Investitionen und Steuergelder in den Sand gesetzt werden, wenn Menschen ihr Land und ihren Lebensunterhalt ohne einen entsprechenden Ausgleich verlieren? Wer ist wofür verantwortlich, und wem? (Länge: 20.000 Zeichen)

Literatur:

Agricultural Growth Corridors: New routes to opportunity? SPORE 161, December 2012-January 2013. http://spore.cta.int/en/component/content/article/18-spore/dossier/9/6639-agricultural-growth-corridors

Bruce Byiers, Corridors of power or plenty? Lessons from Tanzania and Mozambique and implications for CAADP. ECDPM Discussion Paper No 138, January 2013. www.ecdpm.org/dp138

Uwe Hoering, Agrar-Kolonialismus in Afrika. Hamburg (VSA-Verlag) 2007 (Download pdf-Datei 0,9mb)

Randi Kaarhus, et al, Agro-Investment in Africa – Impact on Land and Livelihoods in Mozambique and Tanzania. Noragric Report No. 53, August 2010. http://www.umb.no/statisk/noragric/publications/reports/2010_nor_rep_53.pdf

Keith Palmer, Agricultural growth and poverty reduction in Africa. The case for patient capital. March 2010. http://www.agdevco.com/sysimages/the_case_for_patient_capital_rpt16.pdf

Helena Paul and Ricarda Steinbrecher, African Agricultural Growth Corridors: Who benefits, who loses? December 2012 (EcoNexus). http://www.econexus.info/african-agricultural-growth-corridors-who-benefits-who-loses