Globe Spotting

Themendienst

Reportagen & Analysen

Entwicklungshilfe für Agrar- und Ernährungskonzerne

November 2014: Die Oxfam-Publikation 'Moral Hazard?', die es auch in einer deutschen Kurzfassung gibt, nimmt sich drei Großprojekte vor, an denen Regierungen afrikanischer Länder, staatliche Entwicklungsinstitutionen aus westlichen Industrieländern und private Unternehmen, darunter viele Global Player, beteiligt sind, sogenannte Public-private Partnerships: Die G8 New Alliance for Food Security and Nutrition(aka G8NA), die GROW Africa-Initiative des World Economic Forum und die sogenannten Wachstumskorridore in Tansania, Ghana, Malawi, Burkina Faso und Mosambik, in denen landwirtschaftliche Produktion, Verarbeitung und Infrastruktur konzentriert werden sollen, um für Investoren attraktive Standorte  zu schaffen. Nach einem kurzen Abriss der Situation der Landwirtschaft in Afrika und der Skizzierung der drei 'Mega'-PPPs versucht das Briefing Paper, basierend auf einer Literaturauswertung, Interviews und drei Fallstudien in Burkina Faso, Malawi und Tansania, drei Fragen zu beantworten:

+ die Kosten- und Nutzenverteilung zwischen Investoren, Geber-Regierungen und der Bevölkerung, die unter anderem an den Auswirkungen auf die Landnutzungsrechte und die Gender-Frage konkretisiert wird,

+ Wer trägt die Risiken, beispielsweise durch Umweltschäden, und

+ wer hat die Entscheidungsmacht inne?

Das Ergebnis ist eine knappe Zusammenfassung vieler Argumente gegen die PPPs: Die PPPs sind intransparent, eliteorientiert, Gender-blind, verstärken Ungleichheit und schaden der Umwelt. Der Schluss daraus: Um Armutsminderung zu erreichen, seien andere Alternativen besser und sollten daher anstelle der Mega-PPPs gefördert werden – vor allem die kleinbäuerliche Landwirtschaft.

Zwei weitere Papiere konzentrieren sich auf die Rolle der deutschen Politik und (vorwiegend) deutscher Unternehmen bei solchen öffentlich-privaten Partnerschaften im Bereich der Agrarentwicklung:

Beim Oxfam-Hintergrundbericht "Gefährliche Partnerschaften" steht die Förderung von Wirtschaftsinteressen von Agrarkonzernen im Namen der Armutsbekämpfung durch die German Food Partnership (GFP) und die G8NA im Mittelpunkt. Neben der komprimierten Darstellung der beiden Initiativen und ihrer Risiken für die bäuerliche Landwirtschaft werden auch Ansätze für eine "andere Landwirtschaft" vorgestellt.

Die Studie "Entwicklungspolitik goes Agrarindustrie", herausgegeben vom Forum Umwelt & Entwicklung, hat einen umfassenderen Ansatz, indem sie die aktuellen PPP-Initiativen in den Rahmen der Veränderungen in der ländlichen Entwicklungspolitik der Bundesregierung in den vergangenen Jahren stellt: Darin spielen seit den späten 1990er Jahren zunehmend PPP-Ansätze eine immer zentralere Rolle - argumentativ, in der strategischen Schwerpunktsetzung und in der Außendarstellung. Damit, so beteuern Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, BMZ, und Durchführungsorganisationen wie die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, GIZ, und die Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW, unverdrossen, würden privatwirtschaftliche Unternehmen als Investoren für Armutsminderung, Hungerbekämpfung und ländliche Entwicklung gewonnen.  Aktuelle Beispiele dafür sind die Neue Allianz für Ernährungssicherheit der G7/G8-Staaten, die German Food Partnership, GFP, und der African Agriculture and Trade Investment Fund, AATIF. Den Nachweis dafür, dass diese Versprechungen tatsächlich erfüllt werden, hat die staatliche Entwicklungszusammenarbeit allerdings bislang nicht geführt. Vielmehr zeigen Erfahrungen mit der Praxis von Konzernen der Agrar- und Ernährungsindustrie, dass die Geschäftsmodelle und Investitionen vielfach kleinbäuerlichen Interessen entgegenstehen und mit höchst problematischen politischen Reform zur Förderung des Investitionsklimas gekoppelt sind. Mit öffentlichen Geldern, die einer armutsorientierten und nachhaltigen Entwicklung dienen sollen, werden also kommerzielle Expansionsstrategien gefördert - eine Unterstützung für Agrarkonzerne, die die Beteiligten durch eine systematische Informationsblockade über Aktivitäten, Verträge und Umsetzungsmaßnahmen zu verschleiern versuchen.

Entwicklungspolitik goes Agrarindustrie. Eine kritische Analyse von Initiativen zur Förderung des internationalen Agribusiness im Landwirtschafts- und Ernährungsbereich. Von Uwe Hoering. Herausgegeben vom Forum Umwelt & Entwicklung, Oktober 2014. Download (pdf-Datei)

Gefährliche Partnerschaft. Wie die Bundesregierung unter dem Etikett der Armutsbekämpfung die Wirtschaftsinteressen von Agrarkonzernen fördert. Von Marita Wiggerthale und David Hachfeld. Oxfam Hintergrundbericht, Mai 2014. Download (pdf-Datei).

Moral Hazard? 'Mega' public-private partnerships in African agriculture. Oxfam Briefing Paper, September 2014. Download (pdf file). Deutsche Kurzfassung: Hohes Risiko. Mega-PPPs in der afrikanischen Landwirtschaft. September 2014. Download (pdf-Datei)

Siehe auch: The New Alliance for Food Security and Nutrition: a coup for  corporate capital? By Nora McKeon. TNI Agrarian Justice Programme Policy paper. May 2014. Download (pdf file)