Globe Spotting

Themendienst

Reportagen & Analysen

NEPAL



Aktionsmöglichkeiten werden immer weiter eingeschränkt

Redaktionsnetzwerk Südasien, Januar 2024

Seit Jahren klagen soziale Bewegungen und zivilgesellschaftliche Organisationen angesichts autoritärer Tendenzen über die Einschränkung ihrer politischen Spielräume. Eine Studie der Asia Foundation untermauert diese Entwicklungjetzt durch eine umfassende Befragung von Nichtregierungsorganisationen in Sri Lanka, Bangladesch und Nepal zu den demokratischen Bedingungen für Meinungsfreiheit und politische Partizipation, Protestmöglichkeiten, Transparenz staatlicher Stellen usw. Noch am besten scheint demnach die Situation in Nepal zu sein. Das Besondere dieser Befragung ist, Erfahrungen aus erster Hand und aus einem breiten Spektrum von zivilgesellschaftlichen Organisationen zu präsentieren. Übereinstimmend berichten alle, dass die Finanzierung während Corona dramatisch um 50 bis 75 Prozent gesunken sei.

Mandakini D. Surie, Sumaya Saluja and Nicola Nixon, A Glass half full: Civic Space and Contestation in Bangladesh, Sri Lanka, and Nepal. GovAsia, Issue 2.2, published by The Asia Foundation, March 2023


Nepal: Unabhängige Medien unter Druck

Freedom Forum’s Annual Media Report, 31. Dezember 2023

Presse- und Meinungsfreiheit in Nepal sind im Jahr 2023 weiter unter Druck geraten. Der wirtschaftliche Abschwung führte zu einem Einbruch des Werbemarktes und die Verlagerung von Werbung auf digitale Medienplattformen bzw. Apps, viele Medienhäuser kämpfen um ihr wirtschaftliches Überleben. Die nepalesische Regierung und das nepalesische Parlament verhalten sich gegenüber Forderungen nach Gesetzesreformen im Medienbereich eher gleichgültig. Angriffe und Einschüchterungsversuche auf Journalist*innen, bis hin zu Morddrohungen, haben im vergangenen Jahr weiter zugenommen und gefährden in erheblichen Maße die Presse- und Meinungsfreiheit. Wie unabhängige Medien die Krise überwinden können, müsse ernsthaft überlegt werden, so das Freedom Forum Nepal. Ziel müsse sein, dass die Pressefreiheit in Nepal erhalten bleibt, geschützt und gefördert wird.

Freedom Forum Nepal, Economic Slump Takes Toll on Sustainability of Free Media, December 31, 2023


Nepal: TikTok "zerstört die Familie"

Rezwan, 22. November 2023

Im November 2023 sperrte Nepals Regierung überraschend TikTok, weil es laut offizieller Begründung "soziale Harmonie, Familienstruktur und –beziehungen“ zerstöre. Wenige Tage vorher hatte die Regierung eine neue Regelung eingeführt, die soziale Medien-Unternehmen verpflichtet, ein Büro im Land aufzumachen und strikte Regeln für Veröffentlichungen einzuhalten. Das Internet wird in Nepal nach Angaben der BBC von knapp zwei Dritteln der Erwachsenen genutzt, während andere Medien seit 2020 einen drastischen Einbruch erlebt haben. Eine Stellungnahme von nepalischen Journalist*innen und Menschenrechts-Aktivist*innen, veröffentlicht auf der Website von Freedom Forum, nennt das Verbot “unzeitgemäß und willkürlich”, einen ernsten Angriff auf die Demokratie und eine Schwächung von Bürger*innenrechten und Rechtsstaatlichkeit. TikTok wurde bereits in vielen Ländern verboten, meist wegen der Befürchtung, die Nutzer*innendaten könnten an die chinesische Regierung weitergeleitet werden.

Rezwan, Nepal's TikTok ban is the first step towards more government control on social media. In: Global Voices, November 22, 2023

Ananya BhattacharyaIs Nepal's TikTok ban unconstitutional and undemocratic? In: Quartz, November 14, 2023


What’s Driving Hindu Nationalism in Nepal?

Santosh Sharma Poudel, 16. September 2023

Religiöse Spannungen sind ein relativ neues Phänomen in Nepal, einem Land mit mehrheitlich hinduistischer Bevölkerung. Die 2008 verabschiedete neue Verfassung, die die absolute, von höherkastigen Eliten dominierte Monarchie ablöste, erklärte Nepal zu einem ‚säkularen Staat’. Doch die Idee des Säkularismus wurde von der Mehrheit nicht getragen, die Verfassung wurde verwässert, selbst in den großen säkularen Parteien gibt es Widerspruch, wichtige politische Entscheidungsträger bleiben ambivalent. Die Stimmen, die eine Rückkehr zu einem hinduistischen Staat fordern, wurden stärker und bekamen durch den Erfolg der BJP in Indien weiter Aufwind.                                                                 Redaktionsnetzwerk Südasien

Santosh Sharma Poudel, What’s Driving Hindu Nationalism in Nepal? In: Countercurrents, September 16, 2023


Glacial Melt is Dispossessing Nepal's Indigenous Communities

Tulsi Rauniyar, 4. April 2023

Die Reportage zeigt die dramatischen Folgen der Klimakrise in Nepal. Das Land hat in 30 Jahren, von 1980 bis 2010, ein Drittel seiner Gletscherflächen verloren. Es fällt nur noch wenig Schnee, der die Felder bewässern könnte, Flüsse trocknen aus, Böden erodieren. Auch für die Viehwirtschaft steht immer weniger Weideland zur Verfügung. Die Bevölkerung, überwiegend tibetischer Herkunft, verlässt die Dörfer. Den Verbliebenen oder denen, die zurückkehren, weil sie anderswo keine Arbeit finden, bietet die Erwärmung aber auch eine neue Chance, durch den Anbau von Obst und Gemüse ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Tulsi Rauniyar, Glacial Melt is Dispossessing Nepal’s Indigenous Communities. In: The Diplomat, April 4, 2023


Parlament fordert Beendigung von Kastendiskriminierung

März 2023

Kastengesellschaft: Obwohl in Nepal die Diskriminierung aufgrund der Kastenzugehörigkeit per Gesetz unter Strafe steht, wird diese Praxis offen oder verdeckt fortgesetzt. Ende März verabschiedete die Nationalversammlung nun einstimmig eine Resolution, die die Regierung auffordert, konsequent gegen jegliche Diskriminierung vorzugehen und Verstöße wirksam zu verfolgen. Zudem wird sie verpflichtet, dem Parlament einen Handlungsplan vorzulegen, um ein gleichberechtigtes und gerechtes Umfeld für Dalits zu schaffen. Dazu gehören kostenlose Bildung für Dalit-Studierende bis zur Hochschulebene, Quoten in beruflicher und technischer Ausbildung, die Gewährleistung sozialer Sicherheit für Dalits und Anreize zur Förderung von Ehen zwischen den Kasten.

Nachzulesen in: Kathmandu Post, March 23, 2023


Digital Rights: Agenda for Change

Santosh Sigdel, 6. Februar 2023

Autoritarismus: Die nepalesische Verfassung garantiert in Artikel 28 das Grundrecht auf Privatsphäre. Angeblich um dieses Recht weiter zu stärken, hat Nepal 2015 das Gesetz über das individuelle Recht auf Privatsphäre verabschiedet. Das Gesetz deckt jedoch nicht alle Aspekte des Datenschutzes umfassend ab. Mit der zunehmenden Nutzung des Internets und der Datenerfassung hat die Regierung immer mehr Daten der Bürger*innen gesammelt. Die Regierung muss diese Daten vor möglichen Angriffen und Missbrauch schützen. Derzeit ist in den nepalesischen Gesetzen die Verantwortung der Regierung für die Verwaltung und Speicherung dieser Daten nicht klar definiert. Ein umfassendes Datenschutzgesetz muss auch die Pflichten privater Einrichtungen festlegen. Bei den jüngsten Datenschutzverletzungen in privaten Unternehmen wurde niemand zur Rechenschaft gezogen, Fragen der Sorgfaltspflicht und der Datensicherheit sind ungelöst.

Santosh Sigdel ist Vorsitzender von Digital Rights Nepal

Santosh Sigdel,  Digital rights: Agenda for change, In: The Annapurna Express, February 6, 2023


In temperate Nepal, climate change paves way for tropical dengue fever

Abhaya Raj Joshi, 31. Oktober 2022

Stärkere Monsunregen und höhere Temperaturen haben in diesem Jahr in Nepal dazu geführt, dass sich Moskitos, die das Dengue Virus verbreiten, massiv vermehren konnten. Nepal erlebte als eine Folge der Klimakrise und des schlechten Wasser- und Abfallmanagements den schlimmsten Ausbruch des tropischen Dengue-Fiebers aller Zeiten. 

Abhaya Raj Joshi, In temperate Nepal, climate change paves way for tropical dengue fever, In: mongabay, Oktober 31, 2022


What will our children get?

Communities in Nepal assert their right to land for compensation and meaningful consultations

Vaishnavi Varadarajan, 26. September 2022

Klimakrise: Indigene (Magar) und Dalit Communities im Tanahu Bezirk in Nepal fürchten wegen eines großen Wasserkraftwerks von ihrem Land vertrieben und enteignet zu werden. Das Projekt, das unter anderem von der European Investment Bank, der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Asian Development Bank finanziert und von chinesischen und vietnamesischen Firmen gebaut wird, wird einerseits als Lösung der nepalesischen Energiekrise mit erneuerbarer Energie gepriesen, andererseits als falsche Lösung für die Klimakrise kritisiert. Die betroffenen Gemeinschaften und lokale NGOs haben offiziell Beschwerde bei Behörden und im Rahmen des European Investments-Complaint Mechanism eingelegt und verlangen, dass zunächst einmal ihr Recht auf informierte Zustimmung (Free, Prior and Informed Consent, FPIC) berücksichtigt wird und darüber hinaus eine angemessene Entschädigung. Inzwischen fordern sie einen Stopp der Bauarbeiten wegen der absehbaren regionalen Klimaveränderungen aufgrund des Projekts und darüberhinaus Entwicklungsstrategien, bei denen die lokale Bevölkerung ein entscheidendes Mitspracherecht hat.

Vaishnavi Varadarajan, What will our children get? Communities in Nepal assert their right to land for compensation and meaningful consultations. In: International Accountability Project, September 29, 2022