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Bewässerungsprojekte für Reis in Westafrika

Bislang wurden in Westafrika mehr als 90 Staudämme für die großflächige Bewässerungslandwirtschaft errichtet, weitere 40 befinden sich in der Planung. Drei davon sind Bagré in Burkina Faso, der Anfang der 1990er Jahre fertiggestellt wurde und knapp 30.000 Hektar Land bewässern kann, Sélingué in Mali vom Ende der 1970er Jahre und Niandouba/Confluent in Senegal, errichtet in den 1990er Jahren. Doch der Anbau von Nahrungsmitteln, vor allem Reis, blieb weiter hinter dem Potential zurück, weil Investitionen in die Infrastruktur unzureichend blieben und der Beratungsdienst für die bäuerlichen Betriebe eingespart wurde. In Mali beispielsweise wurden gerade einmal 14 Prozent der angestrebten Fläche, die durch den Sélingué-Damm bewässert werden sollten, erschlossen, die Erträge bleiben bei allen drei Projekten mit 1,6 bis 4,7 Tonnen je Hektar weit unterhalb der Möglichkeiten.

Mit dem Preisanstieg für Getreide vor sieben Jahren und der Wiederbelebung der Debatte um Ernährungssicherheit erhielten auch Versuche Auftrieb, die bereits getätigten gewaltigen Investitionen besser zu nutzen und die Bewässerungslandwirtschaft verstärkt zur Grundlage der Ernährungssicherungspolitik zu machen. Die hohen und zunehmend teureren Importe von Reis und dessen zentrale Rolle in der Ernährung machen ihn zu einem „strategischen Getreide“ und damit zu einen Schlüsselbereich der Agrarpolitik. Gleichzeitig verbindet sich damit der Anspruch, die Lebensbedingungen der Kleinbauern zu verbessern. Eine Rehabilitierung der bestehenden Bewässerungsprojekte verspricht angesichts deren geringer Produktivität und unerschlossener Agrarflächen gute Aussichten für eine rasche Steigerung der Produktion. Dafür sind unter anderem Investitionen und der Aufbau von Managementstrukturen erforderlich.

In Fallstudien zu den drei Projekten Bagré, Sélingué und Niandouba/Confluent wird untersucht, wie sich Politik und Programme der Regierungen und Agrarbehörden in Mali, Burkina Faso und Senegal, die Bewässerungssysteme zu rehabilitieren und ökonomisch ertragreicher zu machen, mit Zielen wie Armutsminderung, vor allem aber auch mit Forderungen und Möglichkeiten der Bauern vertragen und vereinbaren lassen.

Dabei zeigt sich ein grundlegender Widerspruch: Obwohl alle Regierungen Ernährungssicherheit und Armutsminderung auf ihre Fahnen geschrieben haben, verfolgen sie eine Strategie, die die lokalen Kleinbauern verdrängt zugunsten von ausländischen beziehungsweise auswärtigen Investoren. Als die vier Säulen dieser agrarindustriellen Modernisierungsstrategie werden die Standardisierung des Anbausystems anstelle einer Diversifizierung, die Spezialisierung auf Reis, die Ausrichtung auf Großprojekte und die Förderung privater Investitionen genannt. Entscheidungsbefugnisse liegen bei Planungs- und Verwaltungsinstitutionen, die privaten Investoren werden unter anderem durch eine auf ihre Interessen zugeschnittene Reform der Landzuteilung und attraktive Anreize wie garantierte Landrechte gelockt. In Mali wurden so inzwischen mehrere 100.000 Hektar an private Großinvestoren vergeben.

Der Großteil der staatlichen Gelder fließt in den Reisanbau und kommt dort vor allem reichen Investoren zugute. Dagegen werden traditionelle Produkte wie Cassava, der Trockenreisanbau und die Anforderungen und Vorstellungen bäuerlicher Betriebe, auf die die Studie ausführlich eingeht, weitgehend vernachlässigt. In dieser Expansion der industriellen Landwirtschaft werden denn auch Familienbetriebe, die nicht genügend materielle oder finanzielle Ressourcen haben, „destabilisiert“ und verlieren einen Teil ihrer Widerstandsfähigkeit („resilience“): „Smallholders' numbers are dwindling, in terms of both individuals and amount of land cultivated“ (15).

Dennoch gibt die Studie die Hoffnung nicht auf: Um diese Entwicklungen zu verhindern, müssten zunächst Governance-Strukturen entwickelt werden, die das 'soziale Kapital' der Bauern nutzen und die vielfältigen Rollen ('Multifunktionalität') von kleinbäuerlichen Betrieben stärken. „Before any new interventions can be made, a system of governance for the irrigated perimeters must be drawn up, based on new rules and mechanisms for accountability as well as a stronger role for farmer's organisations in the decision-making process“ (19).

Dafür benennt die Studie drei Säulen: Inklusive und transparente Entscheidungsstrukturen, Kontrollmechanismen, die auch von den Bauern genutzt werden können, und institutionelle Rahmenbedingungen, die neue Regeln für die Verwaltung in Bewässerungsgebieten formulieren und garantieren. Bei diesen Voraussetzungen könnten dann in einem „Partnerschafts-Modell“, das insbesondere die Landnutzungsrechte der kleinbäuerlichen Betriebe und ihre Einbindung in die Transformation des Agrarsektors gewährleisten müsste, Chancen bestehen, „to build up sustainable, mutually beneficial and complementary links between smallholders and private investors“ (8).

Bara Guèye, Specialisation or Diversification? Divergent perspectives on rice farming in three large dam-irrigated areas in the Sahel. Internationale Institute for Environment and Development (iied), London, UK. June 2014. Download (pdf file 647kb)