Redaktionsnetzwerk Südasien, Oktober 2022
Bildung: Das indische Bildungssystem, Schulen und Universitäten rutschen weiter in eine Krise ab. Einerseits findet personell und politisch eine Gleichschaltung mit der hindu-chauvinistischen Ideologie des Modi-Regimes statt, andererseits eine neoliberale Orientierung auf Privatisierung durch Sparmaßnahmen bei der Beschäftigung und Bezahlung von Lehrpersonal und durch stärkere finanzielle Belastung der Lernenden/Studierenden. Leidtragende der Bildungsdefizite ist die Generation von Schüler*innen und Studierenden, deren Bildung bereits wegen der Covid-Pandemie zu kurz gekommen sind. Im Folgenden sind einige Links zusammengestellt, die eine Momentaufnahme des Bildungssektors vermitteln sollen.
Gyan Vigyan Samiti Jharkhand, 19.12.2022
Eine Studie zu 138 Grundschulen, die die Sozialwissenschaftler Paran Amitava und Jean Drèze im Auftrag von der Freiwilligenbewegung Gyan Vigyan Samiti Jharkhand (GVSJ) im September und Oktober 2022 in Jharkhand durchführte, zeigt, dass das Bildungssystem durch die Covid-19 Krise schwere Rückschläge erlitt und dem Recht auf Bildung (2009) nicht entspricht. Die Schulen in Jharkhand leiden unter einem starken Lehrer*innenmangel und werden von Hilfslehrer*innen unterrichtet, sodass eine Klassenstärke von über 30 Schüler*innen pro Lehrperson weit verbreitet ist. Nach Angaben des Lehrpersonals hatten viele Schüler*innen bei der Wiedereröffnung der Schulen im Februar 2022 vergessen zu lesen und zu schreiben. Keine einzige der untersuchten Schulen verfügte über funktionierende Toiletten, Strom und Wasser. In den am stärksten unterversorgten Schulen waren 90 Prozent der Schüler*innen Dalits und Adivasi.
In: countercurrents, December 19, 2022
Samriddhi Sakunia, 28.09.2022
Trotz monatelanger Proteste, eines Hungerstreiks und einem Selbsttötungsversuch wegen der Erhöhung der Studiengebühr um fast 400 Prozent verweigert die Universitätsleitung einen Dialog mit den Studierenden. Das hat zur Folge, dass Studierende aus ärmeren Kontexten erwägen müssen, die Uni zu verlassen.
In: The Wire, September 29, 2022
Gaurav Vivek Bhatnagar, 26.09.2022
Eine verbreitete Sparmaßnahme an indischen Schulen ist, dass eine große Anzahl der Posten von Lehrer*innen „offen“ sind, weil keine Lehrkräfte dauerhaft beschäftigt werden. Die Lücken werden mit schlechtbezahlten „Gast“lehrer*innen gefüllt. Unterricht fällt aus, die Qualität nimmt ab.
In: The Wire, September 24, 2022
Astha Savyasachi, 24.09.2022
Eine weitere Sparmaßnahmen z.B. an den Colleges in Delhi ist, dass das Lehrpersonal unregelmäßig und verspätet bezahlt wird, mit vorhersehbaren Folgen für die Motivation und die Einkommenssituation der Lehrenden und mit immer Rückgriffen auf Finanzierung durch die Studierenden. Bundes- und zentralstaatliche Instanzen schieben sich gegenseitig die Schuld zu.
In: The Wire, September 24, 2022
JNUTA Statement, 12.09.2022
Weitgehend unbeachtet von den Medien, sind in diesem Jahr keine neuen Studierenden zu den indischen Zentraluniversitäten zugelassen worden. Die JNUTA, die Organisation der Lehrenden an der JNU, New Delhi, beklagt den Verlust eines Semesters und den Betrug an Studienanfänger*innen.
Siehe auch: kafila.online, September 13, 2022
Aarefa Johari, 16 March 2022
Die Reportage berichtet darüber, wie junge Leute sich jahrelang auf die Zugangsexamina für Regierungsjobs vorbereiten, z.B. in Patna. Private Vorbereitungszentren kassieren Gebühren von bis zu 5000 Jobanwärter*innen, bieten online-Kurse an und organisieren Probetests. Doch die Examina werden verschoben, finden unter dubiosen Umständen und mit unklaren Ausgängen statt. Außerdem bieten die Regierungen immer weniger verbeamtete Jobs an. In Patna gab es Anfang 2022 große Demonstrationen, weil die Bewerber*innen sich betrogen fühlen.
In: scroll, March 16, 2022