Khushi Singh Rathore
Autoritarismus: Vor über einem Jahr, im Februar 2022, stellte Khushi Singh Rathore die Frage, ob feministische Außenpolitik eine Zukunft in Südasien hat. Diese Frage hat neue Aktualität bekommen, weil sich die deutsche Außenpolitik jetzt mit diesem Aushängeschild zu profilieren versucht, so wie jüngst beim Besuch von Ministerin Annalena Baerbock in Indien. Khushi Singh Rathore verweist auf das Dilemma, dass feministische Prinzipien von Frieden und demokratischer Partizipation in und mithilfe von patriarchalen Institutionen wie dem Staat durchgesetzt werden sollen. Dieser Widerspruch wird durch den zunehmenden Autoritarismus in Südasien noch verstärkt. Feministische Politiken, so Rathore, sind immer auch ein Kampf für Demokratisierung. Eine feministische Außenpolitik, die ihrem Anspruch gerecht werden will, müsse Staatsmacht, Hypernationalismus, die koloniale Machtmatrix des Regierens und die Nähe politischer Herrschaft zu Fundamentalismen hinterfragen. Im Unterschied zum verbreiteten Anspruch der Außenpolitik, diplomatisch vorzugehen, müsse sie undiplomatisch und antihegemonial sein und marginalisierte dissidente Stimmen einbeziehen. Khushi Singh Rathore ist denn auch skeptisch, was eine feministische Politik überhaupt in patriarchalen, nationalistischen staatlichen Institutionen erreichen kann. Redaktionsnetz Südasien
Khushi Singh Rathore, Feminist Foreign Policy and Anti-Authoritarianism in South Asia. In: South Asian Voices, February 14, 2022
Times of India, 14.03.2023
Feminismen/Queer: Mehrere gleichgeschlechtliche Paare stellten eine Petition, dass der indische Staat ihre Ehe anerkennen sollte. Doch obwohl die Heirat gleichgeschlechtlicher Paare in Indien entkriminalisiert ist, verweigert die Regierung vor dem Obersten Gerichtshof die Legalisierung dieser Eheschließungen. Begründung: Diese Ehen würden dem indischen Konzept von Familie widersprechen, das zutiefst heterosexuell sei. Auch wenn homosexuelle Ehen in der Alltagsrealität bestehen, will der Staat sie nicht formal anerkennen. Wegen der bahnbrechenden Bedeutung für die Gesellschaft hat der Oberste Gerichtshof die Entscheidung jetzt an ein fünfköpfiges Gremium von Verfassungsrichtern verwiesen.
Queer: Die Regierung lehnt es seit über fünf Jahren ab, den erfahrenen und offen über seine homosexuelle Orientierung sprechenden Juristen Saurath Kirpal als Richter am Delhi High Court zu bestellen, und setzt sich damit über eine entsprechende Empfehlung des Obersten Gerichtshofs hinweg. Die offizielle Begründung: Geheimdienstliche Bedenken gegen Kirpals Partner, den Schweizer Menschenrechtsaktivisten Nicholas German Bachmann. Zwar werden homosexuelle Ehen in Indien nicht anerkannt und Homosexualität gilt in Teilen der indischen Gesellschaft noch als großes Tabu, aber durch ein Urteil des Obersten Gerichtshofs in Neu-Delhi von 2018 wurden homosexuelle Beziehungen mittlerweile entkriminalisiert.
Quelle: Times of India, January 20, 2023
Feminismen:Trotz aller Versprechen zu Geschlechtergleichheit wartet das Gesetz zu einer Quotenregelung im Parlamentseit 26 Jahren auf seine Verabschiedung. 33 Prozent der Sitze sollen für Frauen reserviert werden. Fünf Mal scheiterte das Gesetz daran, dass keine zusätzliche Quotierung für Frauen aus unteren Kasten und gesellschaftlichen Minderheiten vorgesehen war. Doch daran führt kein Weg mehr vorbei.
Kanchana Yadav, in: Feminism in India, January 21, 2023
Queer: Diese Sonderausgabe des Newsletters Swabhimaan befasst sich mit den verschiedenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, in denen sich queere Menschen bewegen. Durch die Teilnahme an einer Pride-Parade in Pune und den Austausch mit Organisationen und queeren Personen aus der Community sollen verschiedene Perspektiven auf die Kämpfe auf sozialer und persönlicher Ebene aufgezeigt werden. Dadurch werden die verschiedenen Szenarien der indischen Queer-Community beleuchtet, in denen es inmitten von Debatten über fehlende Gesetze und Gleichberechtigung einen Funken Hoffnung auf sozialen Wandel, Akzeptanz und Einheit gibt.
In: Swabhimaan, Special Issue, July 2022
Bibin Joseph, 02.01.2023
Feminismen: Der Tempel in Sabarimala ist einer der berühmtesten Tempel im südindischen Kerala, der jährlich von 10 bis 15 Millionen Pilger*innen besucht wird. Frauen im Menstruationsalter wurde jedoch der Tempelbesuch aus religöser Furcht vor Verunreinigung verboten. Trotz einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 2018, dass der Tempel für alle Pilger geöffnet werden muss, blockierte die hindu-nationalistische Kaderorganisation Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS) weiterhin den Zutritt. Landesweit kam es daraufhin zu Protesten von Frauen. Erst im Januar 2019 gelang es zwei Frauen, in den Tempel zu gelangen. Eine von ihnen, die Dalit-Aktivistin Bindu Ammini, spricht mit Himal Southasian über ihre Erfahrungen, über die Angriffe auf sie und die Untätigkeit von Staat und Polizei.
In: Himal Southasian, January 2, 2023
Audiobeitrag von Anna Trautwein, 16.12.2022
Feminismen: »Journalismus für sich zu beanspruchen, ist aktiver Widerstand«, sagt die indische Filmemacherin Rintu Thomas. Was das bedeutet, zeigt sie gemeinsam mit Sushmit Ghosh in dem Dokumentarfilm »Writing with fire«. Darin begleiten die beiden Filmemacher*innen drei Journalistinnen und ihr Team und zeigen, wie sie die ausschließlich von Dalit-Frauen geführte Zeitung Khabar Lahariya in eine extrem erfolgreiche crossmediale Plattform verwandeln, die sich radikal gegen Machtverhältnisse und Gewalt auf allen gesellschaftlichen Ebenen zur Wehr setzt.
Podcast und Script über den Dokumentarfilm von Rintu Thomas und Sushmit Gosh, auf: südnordfunk - iz3w on air
Feministisches Kollektiv für wirtschaftliche Gerechtigkeit, September 2022
Gender Watch: Das Feministische Kollektiv gibt einen informativen Überblick darüber, welche verheerenden Auswirkungen die dramatische Wirtschaftskrise Sri Lankas in Kombination mit anhaltender staatlicher Repression gegen die Demokratie-Bewegung und den wirtschaftspolitischen Empfehlungen des Internationalen Währungsfonds hat, besonders auf die Lebenssituation von Frauen und ihre unbezahlte und bezahlte Arbeit. Link
März 2022
Feminismen: Swati Kamble versteht sich als Dalit-Aktivistin und intersektionale Feministin. In diesem Interview mit Christa Wichterich über Dalit Feminismus lehnt sie ein Konzept von Feminismus für Dalits ab, welches durch Feministinnen der oberen Kasten geprägt ist.
Speak Up! Audio englisch: Link
Mantasha Ansari, März 2022
Feminismen: Kamla Bhasin, die international bekannte indische Feministin, setzte sich zeitlebens ein für Frauenrechte in Südasien. Ihre Ausstrahlungskraft reichte weit darüber hinaus und bereicherte die Frauenbewegung weltweit. Sie starb im September 2021. Die junge indische Politologin Mantasha Ansari zeigt in beeindruckender Weise auf, warum Kamla Bhasins Kampf für Gleichstellung, Freiheit und die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen an politischer Macht auch heute noch relevant ist.
Speak Up! Deutsche Übersetzung: Link
Januar 2022
Feminismen: Srilatha Batliwala berichtet im Gespräch mit Christa Wichterich über ihr Verständnis von Feminismus, das Besondere an südasiatischen Feminismen, warum sie den Begriff Gender selten benutzt, und davon, dass jungen Feminist:innen jenseits von Empowerment eine Veränderung gesellschaftlicher Strukturen zum Ziel haben.
Speak Up! Video englisch: Link
Dezember 2021
Feminismen: Kalpana Sharma ist eine der bekanntesten unabhängigen Journalistinnen in Indien. Gewalt gegen Frauen in den unterschiedlichsten Formen war ein Schwerpunkt ihrer Berichterstattung in den Medien und das Thema ihres Buches „The Silence and the Storm“.
Speak Up! Video englisch: Link