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Private Wasserversorger in China

Ge Yun & Hu Yujiao, Wasser auf Abwegen – Die Privatisierung der Wasserversorgung in China auf dem Prüfstand, herausgegeben vom Xinjiang Conservation Fund 2008, die deutsche Übersetzung von der Asienstiftung in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk „EU – China: Civil Society Forum“.

Juli 2009: China gehört zu den wenigen Ländern außerhalb Europas, in denen Versorgungskonzerne wie Veolia, Suez und BerlinWasser noch aktiv sind, nachdem sie sich aus den meisten anderen Ländern in Asien ebenso wie aus Lateinamerika und Afrika aufgrund wirtschaftlicher Probleme, unbefriedigender Profitabilität und breiten Widerstands weitgehend verabschiedet haben. Unbeachtet von der Öffentlichkeit hat die Regierung ihnen seit Mitte der 1990er Jahre den Roten Teppich ausgerollt, unterstützt durch Internationale Finanzinstitutionen wie die Weltbank und die Asiatische Entwicklungsbank ADB. 2007 hatten sie, so die Studie „Wasser auf Abwegen“, an der Wasserversorgung einen Anteil von 15 bis 20 Prozent, im Abwassersektor sogar von 50 bis 70 Prozent.

Die Ausgangssituation für die schrittweise marktwirtschaftliche Öffnung war ähnlich wie in anderen Ländern: Probleme öffentlicher Unternehmen, veraltete Technologie, vor allem aber ein hoher Kapitalbedarf, um die Mängel der Versorgung anzugehen. So führten zum Beispiel Umweltbelastungen durch Abwässer immer wieder zu negativen Schlagzeilen. Für die Konzerne tat sich hier ein viel versprechender Markt auf, besonders in den rasch wachsenden Großstädten und den Industrieregionen im Süden und Osten. Und es entwickelte sich eine Public-Private Partnership zwischen Konzernen und dem Staat mit 'chinesischen Charakteristika'. Wie auch in anderen Bereichen experimentiert die Regierung im Wassersektor mit der Marktwirtschaft – allerdings mit hohen Kosten für die öffentliche Hand.

Anfangs lockte sie ausländische Investoren mit garantierten Renditen im zweistelligen Bereich. Konzerne nutzten die Unerfahrenheit und den Eifer der chinesischen Partner häufig für „ungleiche Verträge“ - die Rosinen für sie selbst, die Belastungen für den Staat: Sie übernahmen die profitablen Teile der Projekte, während zum Beispiel die kostspieligen Leitungsnetze den Kommunen überlassen waren. Proteste wegen steigender Wasserpreise, vor allem aber eine aus den „ungleichen Verträgen“ resultierende Verschuldung der öffentlichen Haushalte führten dazu, dass die Regierung kurzer Hand die Investitionsbedingungen änderte. Einige Konzerne reduzierten darauf hin nach 2002 ihr Engagement stark, wie zum Beispiel Suez, oder warfen ganz das Handtuch wie RWE/Thames Water. Unter den ausländischen Unternehmen dominiert heute Veolia, das sich seit seinem Einstieg 1997 nach und nach in mindestens 25 Wasserprojekte eingekauft hat. Inzwischen drängen zunehmend aber auch einheimische Versorgungsunternehmen selbst in den Markt, mit guten Beziehungen zu Behörden und Staat, und entwickeln eigene transnationale Ambitionen, wie etwa die Shenzhen Water Group.

Die Bilanz der Privatisierung ist, soweit sie die Studie aus den wenigen veröffentlichen Daten und Analysen, aus Befragungen von Verbrauchern und aus Fallstudien ableiten kann, nicht wesentlich anders als in anderen Großstädten: Während die Versorgungsdichte mit etwa 90 Prozent relativ hoch ist, sind Qualität, steigende Preise, geringe Transparenz und die weiterhin mangelhafte Abwasserbehandlung Anlass für Beschwerden. Dazu kommt, dass staatliche Regulierung und öffentliche Kontrolle nach wie vor unzulänglich sind.

Die Studie füllt eine wichtige Informationslücke, sowohl für China intern, als auch für die Wasserdiskussion international. Sie gibt nicht nur einen Einblick in das Ausmaß der Wasserkrise, in die Struktur der Wasserwirtschaft in chinesischen Städten und in den Privatisierungsprozess. Sie versteht sich auch als Anstoß für die notwendige Debatte und macht Vorschläge für die weitere Entwicklung, zum Beispiel für eine sozial gerechtere Preisgestaltung. Hoffnungen auf einen grundlegenden Kurswechsel seien allerdings gering, trotz einiger Beispiele für eine – durch Abfindungen kostspielige – Rekommunalisierung. Aber mehr Transparenz, Partizipation und die „Entwicklung eines neuen Geistes öffentlicher Dienstleistungen“ wären schon hilfreich.

Uwe Hoering

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