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Bilanz staatlicher Agrarpolitik in Afrika

Die Bilanz staatlicher Landwirtschaftspolitik in Afrika ist bestenfalls durchwachsen. Das stellt ein Bericht der Lobby- und Kampagnenorganisation ONE fest. Gelder von Gebern und Regierungen blieben hinter den Zusagen zurück, wichtige Aspekte einer wirksamen landwirtschaftlichen Entwicklung wie Transparenz der Planungen, Orientierung auf Frauen oder die Partizipation von Bauern und zivilgesellschaftlichen Organisationen blieben unzulänglich. Um bislang Versäumtes nachzuholen und mehr Finanzmittel für Investitionen zu mobilisieren, soll 2014 das „Jahr der Landwirtschaft in Afrika“ werden.

Das Potential, dass Afrika zum Brotkorb wird, besteht (behauptet die Weltbank). Gelder dafür stehen auch bereit, nachdem die Regierungen der G8-Industrieländer mit der L’Aquila Initiative und der ‚New Alliance’ Milliardenbeträge zugesagt haben. Auch private Investoren scheinen ganz wild darauf, in Afrika in den Agrarbereich zu investieren, wovon unter anderem ehrgeizige Pläne für 'Agrar-Wachstumskorridore' zeugen. Zahlreiche afrikanische Regierungen haben ihrerseits in der Maputo Declaration 2003 versprochen, die Haushaltsmittel für die Landwirtschaft, die in den 1980er und 1990er Jahren einträchtig mit den entsprechenden Geldern der Geber drastisch reduziert worden waren, auf einen Anteil von zehn Prozent hochzufahren. Beschlossen wurde zudem das Comprehensive Africa Agriculture Development Progamme (CAADP), um durch landwirtschaftliche Entwicklung systematisch Hunger zu beseitigen und Armut zu verringern. Soweit, so gut. Jetzt kömmt es nur noch darauf an, das Ganze in die Realität umzusetzen.

Die Lobby- und Kampagnenorganisation ONE ("Deine Stimme gegen Armut") hat einen Bericht vorgelegt, in dem sie diese Umsetzung der Zusagen und Programme überprüft. Natürlich ist sie dabei weitgehend auf die Daten derjenigen angewiesen, die überprüft werden sollen. Dennoch ist das Ergebnis aufschlussreich – und wenig ermutigend.

Die zentralen Ergebnisse, detailliert durchdekliniert für 19 afrikanische Länder und die G8-Geber (außer Russland, dafür die Europäische Union):

  • Zwar haben viele Länder, die sich am CAADP aktiv beteiligt haben, Wachstumsraten im Agrarbereich von sechs Prozent und mehr vorzuweisen, wobei unklar bleibt, ob diese höhere Produktion wie angestrebt vorwiegend durch kleinbäuerliche Betriebe und Frauen erreicht wurde.
  • Das Ziel, zehn Prozent der Haushaltsmittel für den Agrarbereich bereitzustellen, wurde mit wenigen Ausnahmen (Kapverden, Äthiopien, Malawi und Niger) verfehlt.
  • Was die Bereitstellung der Gelder betrifft, stehen die Geberländer besser da, doch nur auf dem Papier: Der Mittelabfluss stockt und nur die Hälfte der 22 Milliarden US-Dollar, die in L’Aquila zugesagt wurden, sind tatsächlich auch angekommen. Das liegt vor allem an Japan und den USA, während Deutschland erst knapp zwei Drittel seiner Zusagen überwiesen hat.
  • Im Gegensatz zu der immer wiederholten Beteuerung, landwirtschaftliche Entwicklung solle durch Afrikas Regierungen selbst bestimmt werden ("Ownership"), hat sich die Mittelbereitstellung kaum an den von den Ländern aufgestellten nationalen Investitionsplänen für die Landwirtschaft orientiert.
  • Weiterhin sei die Transparenz der Mittelbereitstellung und –verwendungin allen Länder unzureichend, die meisten Pläne haben keinen klaren Schwerpunkt auf Frauen, die bekanntlich den wesentlichen Teil der Nahrungsmittelproduktion und der Ernährung sicherstellen, und die Bilanz der Beteiligung von nichtstaatlichen Akteuren wie Bauern, privaten Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen an Planung und Umsetzung war bestenfalls „durchwachsen“.

Der zahlenmächtige Bericht verzichtet weitgehend auf Ursachenanalysen, erst recht auf Schuldzuweisungen. Und er spart die Agrarinvestitionen privater Unternehmen aus dem In- und Ausland aus, was hoffentlich in einem weiteren Bericht nachgeholt wird. Stattdessen lebt die Hoffnung weiter: Zehn Jahre nach der Maputo Declaration sei Gelegenheit für einen "kühnen neuen Plan". Im vergangenen Jahr hat der Vorsitzende der Afrikanischen Union und Präsident von Benin, Yayi Boni, bereits 2014 zum „Jahr der Landwirtschaft in Afrika“ erklärt. Und eine Woche vor dem G8-Gipfel in Belfast Mitte Juni stellt Premierminister David Cameron eine neue Initiative „Ernährung und Nahrung“ vor.

A Growing Opportunity: Measuring Investments in African Agriculture. ONE DATA Report (pdf-Datei 1,2mb)