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Reportagen & Analysen

Die Kuh als Sündenbock

Dezember 2010: Das Bild der Kuh als Sündenbock ist zwar schief, drückt aber aus, was Anita Idel mit ihrem Buch zeigen will: Die Schuldzuweisungen an Rinder als Verursacher von Desertifikation, von Klimawandel oder von Hunger, weil sie Getreide fressen anstatt Gras, sind gefälscht. Nicht die Weidehaltung von Rindern verursacht Probleme, sondern die industriellen Fleischfabriken der Agrarindustrie, die die Ernährungsindustrie und die Supermarkt-Theken beliefern. Dem setzt Idel die Alternative von Rindern und ihrer Halter als "Landschaftsgärtner" gegenüber.

Anita Idel, Die Kuh ist kein Klima-Killer! Wie die Agrarindustrie die Erde verwüstet und was wir dagegen tun können. Marburg (Metropolis) 2010

Schädliche Bohnen

Dass der Anbau von Soja in riesigen Monokulturen schwere Umweltschäden verursacht und zur Vernichtung tropischer Wälder beiträgt, dass Soja zu den Pionierpflanzen der Gentechnologie gehört und dass die Massentierhaltung ohne die Bohne kaum möglich wäre - all das erschüttert die Agrarindustrie nicht. Norbert Suchanek setzt deshalb mit seinem kleinen Überblick über die vielfältigen Probleme zusätzlich noch an einer anderen Stelle an: Er wertet Studien aus die nachweisen, dass Soja gesundheitsschädlich sein kann, und versucht damit, das gesunde Soja-Image zu unterminieren.

Norbert Suchanek, Der Soja-Wahn. Wie eine Bohne ins Zwielicht gerät. Oekom Verlag 2010

Fleisch, ja bitte ....

September 2010: .... aber anders erzeugt. Simon Fairlie zeigt an zahlreichen Beispielen die Vorzüge einer angepassten Tierhaltung: Schweine als Resteverwerter, grasende Rinder, zusätzlich mit Stroh gefüttert, würden nicht nur Abfälle verringern, sondern auch mehr Getreide für die Ernährung übrig lassen. Fairlie nimmt auch die Berechnungen über den Beitrag der Fleischproduktion zum Klimawandel auseinander, eine Ehrenrettung für die extensive Viehhaltung. Nicht der Mensch als Fleischesser sei das Problem, so die Schlußfolgerung seiner faktenreichen Auseinandersetzung unter anderem mit Argumenten für einen völligen Verzicht, sondern die Industrie.

Simon Fairlie, Meat: a Benign Extravagance. (Hyden House) September 2010

Texte zu Tierfabriken

Brighter Green ist ein nichtkommerzieller Themendienst, der unter anderem Blogs und Artikel zur industriellen Fleischproduktion und ihren Auswirkungen sammelt.

Krisenfaktor Fleischindustrie

August 2010: Auch wenn der Titel etwas irreführend suggeriert, die Fleischindustrie befände sich in einer Krise, so ist doch unübersehbar, dass die industrielle Fleischproduktion ins Gerede gekommen ist - nach BSE, Gammelfleisch oder Käfighaltung ist es jetzt ihr Beitrag zum Klimawandel. "The Meat Crisis" stellt diese und weitere schädliche Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen von Tierfarmen dar, zeigt aber auch alternative Haltungsmethoden und Handlungsmöglichkeiten auf und diskutiert ethische und religiöse Auseinandersetzungen mit tierischen Nahrungsmitteln.

Joyce D'Silva and John Webster (eds.), The Meat Crisis. Developing More Sustainable Production and Consumption. London (Earthscan) August 2010

Biotechnologie am Ende? Aber nicht tot!

Das Schaf Dolly, das erste geklonte Säugetier, lebte nur sechs Jahre. Christoph Then, Gründer der Initiative "Kein Patent auf Leben", geht seiner Geschichte nach, ebenso wie weiteren Beispielen der Biotechnologie, ihres Werdegangs und den unabsehbaren Folgen für Mensch und Umwelt. Als Ausdruck eines falschen wissenschaftlichen Modells, angesichts zahlreicher fehlgeschlagener Versuche und uneingelöster Versprechungen ist die Biotechnologie seiner Meinung nach eigentlich am Ende. Wirtschaftliche Interessen halten sie jedoch nach wie vor am Leben - und die möglichen Alternativen klein.

Christoph Then, Dolly ist tot. Biotechnologie am Wendepunkt. Zürich (Rotpunktverlag) 2008 

Weitere Literaturhinweise:

“Livestock Revolution” revisited (2006)

Wirtschaftswachstum, Urbanisierung und Bevölkerungszuwachs in vielen Entwicklungsländern haben dazu beigetragen, dass weltweit die Erzeugung von Fleisch sprunghaft gestiegen ist. Erhebliche öffentliche Gelder wurden für die Unterstützung der Tierhaltungs-Industrie ausgegeben. Ein wichtiger Anhänger der Nachfrage-Theorie, das International Food Policy Research Institute (IFPRI) in Washington, rief angesichts dieses Aufschwungs 1999 die “Livestock Revolution” aus. Unter anderem prognostizierte es einen Anstieg der Nachfrage nach Fleisch von 184 Millionen Tonnen 1993 auf 303 Millionen Tonnen im Jahr 2020. Sechs Jahre später wies die Weltbank in ihrem Bericht „Managing the Livestock Revolution“ auf einige Leerstellen des IFPRI-Berichts hin, zum Beispiel die Folgen der “Revolution” für die Umwelt, die öffentliche Gesundheit und die soziale Situation, und machte Vorschläge, um “die negativen Auswirkungen” einzudämmen. Ein Jahr später warf die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO mit “The Livestock’s Long Shadow” besonders die Frage nach den Auswirkungen der Tierhaltung auf das Klima auf.

Livestock to 2020 – The Next Food Revolution. Food, Agriculture and the Environment Discussion Paper 28. IFPRI/FAO/ILRI 1999. (IFPRI, pdf-Datei, 84 Seiten)

Kurzfassung: Livestock to 2020: The Next Food Revolution. IFPRI 2020 Brief No. 61. October 1999

The World Bank, Managing the Livestock Revolution. Policy and Technology to Address the Negative Impact of a Fast Growing Sector. Washington D.C. 2005.

FAO, The Livestock's Long Shadow. Rome 2006. Zusammenfassung, von Uwe Hoering: (Download, pdf-Datei 120 kb)

Flächenverbrauch für Fleisch und Agrartreibstoffe (2008)

November 2008: Welche Anbauflächen werden in Europa und ausserhalb benötigt, um Soja für die Produktion von Milch und Fleisch in Deutschland zu erzeugen? Und wie viel Hektar für Agrartreibstoffe? Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass 2007 allein dafür mindestens 4,9 Millionen Hektar Fläche genutzt werden - die Größe von MeckPmm, dem Saarland und Hessen zusammen. Ein Großteil dieser Ländereien liegt in Brasilien und Argentinien.

Für Fleisch nicht die Bohne! Futter und Agrokraftstoff - Flächenkonkurrenz im Doppelpack. Erstellt im Auftag des BUND, Berlin, November 2008. Bezug(Kurzfassung): BUND

Globaler Aktionsplan zur Erhaltung von Nutztierrassen (2007)

Nutztierrassen gehen immer schneller verloren. Daher wurde bei der Konferenz der FAO über tiergenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft, die vom 1.-7. September 2007 in Interlaken/Schweiz stattfand, ein Globaler Aktionsplan (FAO) zu ihrer Erhaltung und nachhaltigen Nutzung beschlossen. Rechtlich bindend ist der Plan jedoch nicht, und Mittelzusagen fehlen völlig. Außerdem reagiert er nicht auf die Hauptursache für die Verdrängung der Vielfalt – die weltweite Expansion der Tierzuchtindustrie. Dies war einer der Punkte, die auf dem parallelen Forum der Zivilgesellschaft im nahen Wilderswil kritisiert wurde. Und ohne die Ankennung der lokalen Gemeinschaften als Schlüsselakteure bei der Erhaltung und Züchtung, so die Erklärung von Wilderswil (Swissaid), habe der Aktionsplan keine Chance, seine Ziele zu erreichen.

Brust oder Bein? Das globale Huhn (2007)

Das 2007 erschienene Buch ist nach wie vor eine beeindruckende Studie über die globalen Produktions- und Wertschöpfungsketten in der Fleischindustrie. Ausgehend von der profitablen Praxis führender Konzerne, Hühnerteile, die in Europa aufgrund der Vorliebe für Brust und Schenkel nicht mehr verkauft werden können, nach Afrika zu exportieren und dort die einheimische Hühnerhaltung zu verdrängen, zeigt das Buch die Entwicklungsstufen der Industrie auf: Wie wurde das Huhn zur Ware, wer zieht die Fäden und welche Auswege gibt es?

Francisco Marì, Rudolf Buntzel, Das globale Huhn. Hühnerbrust und chicken wings - wer isst den Rest? Brandes & Apsel (2007) Frankfurt.

Siehe auch: Ulrich Petschow, Anita Idel, Das globale Huhn. In: PROKLA, Heft 135, 2004, Nr. 2, 263-285, als Download (pdf-Datei 140 kb)