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Wo der Brotkorb hängt

Ein Kommentar von Uwe Hoering, 27. August 2010

Ein Ende nicht nur des Hungers in Afrika, sondern der Ernährungskrise überhaupt ist endlich in Sicht! Wie, das werden afrikanische Politiker, die Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika (AGRA), Industrievertreter und Geberorganisationen beim African Green Revolution Forum (AGRF) Anfang September in Accra enthüllen. „Die Brotkorb-Strategie wird das Potenzial von Ghanas Kleinbauern entfalten und einen Durchbruch bei der landwirtschaftlichen Produktion bringen“, versichert AGRA-Präsident Namanga Ngongi.(1)

Das Konzept, das den Teilnehmern vorgestellt wird und Geld aus der Tasche locken soll, schlägt vor, dass die verschiedenen Geldgeber – Staat, Entwicklungsinstitutionen, private Investoren – ihre Mittel auf „Regionen mit hohem Potenzial“ mit guten Böden, günstigem Klima und Niederschlägen konzentrieren sollen, zunächst im Norden Ghanas. Auf diese Weise soll die Reisproduktion auf 400.000 Hektar Land vervierfacht und der Versorgungsgrad des Landes von 30 auf 80 Prozent gesteigert werden.(2) Bei Mais soll sogar die vollständige Selbstversorgung erreicht werden. Dazu kämen bis zu 15.000 neue Jobs und eine Verdopplung des Einkommens von annähernd 250.000 kleinbäuerlichen Haushalten. Internationale Finanzinstitutionen und private Unternehmen haben angeblich schon Interesse signalisiert. Nach Ghana stehen Mali, Tansania und Mosambik auf der AGRA-Liste für die „Aktion Brotkorb“. Und nicht lange hin, dann wird Afrika nicht nur sich selbst ernähren, sondern auch noch Reis exportieren können.

Eine frohe Botschaft! Vielleicht sind die Versprechungen ja ein wenig hoch geschraubt, aber: Konzentration statt Gießkanne, Kleinbauern und Nahrungsmittelproduktion, das klingt schon gut. Wenn es denn ernst ist, würde das einen Strategiewechsel bedeuten. Allein, mir fehlt der Glaube. Was soll man sich zum Beispiel unter „socially inclusive commercial farms“ vorstellen? Ein nettes Wort für Vertragslandwirtschaft? Warum wird es dann nicht so genannt? Was meint Akin Adesina, Vizepräsident von AGRA, wenn er vom „richtigen Saatgut“ spricht? Etwa die Erzeugnisse des US-Saatgutherstellers Monsanto, der seit Jahren versucht, seinen Absatz in Afrika auszuweiten und mit Cover-Organisationen wie Africa Harvest Biotech Foundation Gentechnologie voranbringen will. Und was ist der „richtige Dünger“? Doch nicht etwa der von Yara International, dem größten Hersteller von Chemiedünger, der AGRA und AGRF seit Jahren sponsert? Wer bezahlt den „richtigen“ Dünger, der importiert werden muss, und das patentierte, teure Saatgut? Geht es wirklich um Reis, Mais, Sorghum oder Cassava, wenn von „high value-added crops“ die Rede ist? Und was ist mit den Bauern und Bäuerinnen in den weniger günstigen Regionen – haben sie kein Potenzial?

Die in Accra versammelten Akteure haben sich in der Vergangenheit noch stets für private Investoren, Exportprodukte und Deviseneinnahmen entschieden, wenn sie Geld locker machten, anstatt für lokale Versorgung mit Grundnahrungsmitteln und Kleinbauern. Und das wird jetzt plötzlich anders sein? Das mit dem Brotkorb sollte man wohl nicht allzu wörtlich nehmen. Trotz des Bekenntnisses zu Ernährungssicherheit sollen Afrikas Bauern doch wohl eher für private Unternehmen und den Export produzieren als für sich selbst, wenn das Ganze nicht sowieso nur ein Konferenz-Heißluftballon ist. Und der Brotkorb hängt auch weiterhin in Europa, den USA, in Brasilien oder in Thailand, mit einem Strick daran, an dem ihn Agrarhandel und Preisspekulanten beliebig höher ziehen und runter lassen.

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(1) http://agrforum.com/sites/agrforum.com/files/August2010.pdf

(2) www.panos.org.uk/?lid=28631

Auch in Englisch: "Where the breadbasket is hanging"