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Reportagen & Analysen

Gentech-Reis für Afrika

Erste Feldversuche in Uganda und Ghana

von Uwe Hoering, Februar 2014

In den späten 1990er Jahren war es NERICA, der New Rice for Africa, auf den Hoffnungen gesetzt wurden, die Erträge von Kleinbauern zu steigern, Einkommen zu verbessern und Hunger zu verringern. NERICA war eine Kreuzung von afrikanischen und asiatischen Reissorten, durchgeführt am Forschungsinstitut WARDA[1], heute AfricaRice[2]. Versprochen wurden höhere Erträge, Widerstandsfähigkeit und bessere Anpassung an Afrikas agroklimatische Bedingungen. Nach Aussage von Marco Wopereis, stellvertretender Generaldirektor von AfricaRice, wächst der Neue Reis gegenwärtig auf schätzungsweise 800.000 Hektar quer durch Afrika, das wären rund 17 Prozent der Reisanbaufläche.[3] Unabhängige Zahlenangaben gibt es nicht.

 

Von NERICA zu ARICA

Als Bestandteil eines Projekts zur “Entwicklung der nächsten Generation neuer Reissorten in Afrika südlich der Sahara und in Südostasien” gibt es jetzt eine neue Initiative: Mit finanzieller Unterstützung der japanischen Regierung hat AfricaRice 2010 eine Rice Breeding Task Force  eingerichtet, in der neben Züchtern aus 30 afrikanischen Ländern Mitglieder des internationalen Konsortiums von Agrarforschungszentren CGIAR wie AfricaRice, dem Internationalen Reisforschungszentrum IRRI auf den Philippinen und dem Forschungsinstitut für Tropenlandwirtschaft CIAT beteiligt sind, die auch in der Global Rice Science Partnership (GriSP) mitarbeiten.

Im April 2013 traf sich diese Arbeitsgruppe in Ugandas Hauptstadt Kampala zu ihrer vierten Jahrestagung, um “die Fortschritte bei der Evaluierung von herausragenden Reissorten in ganz Afrika zu diskutieren und potenzielle ‘Champions’ zu identifizieren, die für das Leben von Afrikas Reiserzeugern und –verbrauchern einen entscheidenden Unterschied bringen”.[4] Ziel ist, aus den verschiedenen Reissorten, die in den vergangenen Jahrzehnten von AfricaRice und nationalen und internationalen Partnern entwickelt wurden, jene auswählen, die an die Bedingungen in den unterschiedlichen Ländern und Regionen am besten angepasst sind und die sich auch gut vermarkten lassen. Dafür vergibt die Task Force eine neue Sortenbezeichnung – ARICA, was für Advanced Rices for Africa steht. Wopereis betrachtet sie “als die nächste Generation von Reissorten für Afrika, nach dem Erfolg der NERICAs”.

 

Großzügige Partner

Eine weitere „Partnerschaft“ von Entwicklungsorganisationen wie USAID, öffentlichen Forschungsinstitutionen wie CIAT, afrikanischen Agrarforschungsorganisationen und privaten Unternehmen will „genetisch verbesserte afrikanische Reissorten mit gesteigerten agronomischen Eigenschaften, die von Bauern bevorzugt und lokal angepasst sind, entwickeln und verbreiten“.[5] Sie sollen geeignet sein für die Bedingungen in Afrika wie verringerte Bodenfruchtbarkeit, Wasserknappheit und Versalzung, die die Getreideerträge in Afrika weit unter dem weltweiten Durchschnitt halten. Die Initiative will NERICA-Sorten genetisch so verändern, dass sie in nährstoffarmen Böden, Trockenregionen und Böden mit erhöhtem Salzgehalt produktiver sind. Den angestrebten Eigenschaften „nitrogen-use efficiency, water-use efficiency and salt tolerance“ verdankt das Vorhaben seinen Namen: NEWEST-Projekt.

Koordiniert werden die Projektaktivitäten von der African Agricultural Technology Foundation, AATF, eine der zahlreichen Frontorganisationen für die Förderung von Bio- und Gentechnologie in Afrika mit Sitz in Nairobi. Registriert als Wohltätigkeitsorganisation, soll sie “öffentlich-private Partnerschaften für den Zugang und die Bereitstellung von eigentumsrechtlich geschützten Technologien, die das Potential haben, die Produktivität von armen kleinbäuerlichen Betrieben in Subsahara Afrika zu erhöhen, ermöglichen und fördern.”[6] Finanziert durch die britische Entwicklungsbehörde DFID, USAID, die Bill und Melinda Gates-Stiftung und die Howard G. Buffet-Stiftung, sind in ihren Beiräten mehrere Befürworter von Bio- und Gentechnologie vertreten. Unterstützung erhält sie auch durch Feed the Future, die Initiative der US-Regierung gegen Hunger und Ernährungsunsicherheit.

 

Noch ein Wunderreis

Aus der Agrarindustrie sind zwei Unternehmen beteiligt: Arcadia Biosciences mit Sitz in Kalifornien, das unter anderem transgene Pflanzen erzeugt, stellt selbst- und kostenlos Technologien und Beratung zur Verfügung. Japan Tobacco hat AATF eine Lizenz für die Nutzung von PureIntro erteilt, einer Technologie, um Pflanzen durch den Einsatz von Bakterien zu verändern. Das Verfahrungen soll Entwicklungskosten und –zeiten verkürzen.

Aus dem öffentlichen Sektor ist unter anderem das Forschungsinstitut CIAT, Mitglied im Konsortium CGIAR. Das Forschungsinstitut für Tropenlandwirtschaft übernahm die Saatgutproduktion und führte erste Feldversuche mit Reissorten mit höherer Düngerverwertung durch, die im September 2013 abgeschlossen wurden. Seit April 2013 finden in Uganda und Ghana weitere Feldversuche durch. Uganda ist berüchtigt für seine laschen Richtlinien für biologische Sicherheit und hat bereits mehrere Feldversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen wie Cassava, Mais, Bananen und Kartoffeln durchgeführt.

Nach Abschluss der ersten Feldversuche verkündeten Arcadia und AATF, dass “bei einer Halbierung des normalen Düngereinsatzes die neuen Sorten den Ertrag herkömmlicher NERICA-Sorten im ersten Jahr um 22 Prozent, im zweiten Jahr um 30 Prozent übertrafen”.[7] Wenn sich das in der bäuerlichen Praxis wiederholen lässt, würden die Bauern wirtschaftlich von höheren Erträgen und geringeren Kosten profitieren – eine weitere Versprechung, Armut und Hunger zu besiegen.

 

Ausblick

Obwohl die Agrarforschung mit afrikanischen Nutzpflanzen innerhalb des CGIAR-Konsortiums und durch nationale Forschungsinstitutionen seit Jahrzehnten durchgeführt wird, hat die Ernährungskrise eine neue Dynamik ausgelöst, die Forschung zu intensivieren, häufig in Kooperation mit privaten Unternehmen. Anscheinend hat CGIAR seine Finanzausstattung, die vor allem von Regierungen und Geberinstitutionen kommt, seit 2008 auf eine Milliarde US-Dollar verdoppelt.[8] Vordergründig geht es dabei ausschließlich um Ernährungssicherheit und verbesserte Lebensbedingungen für Kleinbauern. Aber die Krise wird genutzt, um gentechnisch veränderte Nahrungsmittel als ein “neues Werkzeug” zur Ausrottung des verbreiteten Hungers voranzutreiben, so beispielsweise Tracy Powell von der Abteilung für Ernährungssicherheit bei USAID.[9]

Zudem verspricht die großzügige Geste der Unternehmen, ihre patentierten Technologien und Kenntnisse kostenlos zur Verfügung zu stellen, langfristig Gewinn. Das neue Saatgut müsste von den Bauern gekauft werden. Und weil es nicht wieder ausgesät werden kann, müssen sie es jede Saison erneut kaufen und damit einen Markt für die Saatgutunternehmen schaffen.


[1]          West African Rice Development Association

[2]          The Africa Rice Center is one of the 15 international agricultural research centers that are members of the CGIAR Consortium. It is also an intergovernmental association of African member countries. www.africarice.org

[3]          Marco Wopereis: Reflections on Rice R4D in Africa. Welcoming the 'ARICAs': the next generation of rice varieties for Africa. Blog posted on Marcowopereis.wordpress.com/ on May 30, 2013. The website of AfricaRice says that in 2006 around 200.000 hectares were covered by NERICAs.

[4]          Marco Wopereis: marcowopereis.wordpress.com

[5]          AATF, The Nitrogen-Use Efficient, Water-Use Efficient and Salt-Tolerant Rice Project Partnership. www.aatf-africa.org/files/Rice-project-brief.pdf

[6]          www.aatf-africa.org/userfiles/Who_We_Are.pdf

[7]          Arcadia press release, September 20, 2013. www.arcadiabio.com/news/press-release/field-trials-new-nitrogen-use-efficient-rice-show-increased-productivity-leading

[8]          www.cgiar.org/press-releases/cgiar-doubles-funding-to-1-billion-in-five-years/

[9]          Feed the Future Blog, April 23, 2013. feedthefuture.gov/article/newest-rice-marks-latest-milestone