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Reis für Afrika: Agraroptimismus revisited

Von Uwe Hoering, Februar 2017

Vor einem Jahrzehnt schien es so, als würde ein ‚Schlafender Riese’ geweckt: Afrikas Agrarbereich rückte durch die dramatischen Preissteigerungen für Getreide quasi über Nacht in den Fokus. Die Verteuerung wichtiger Grundnahrungsmittel wie Weizen, Mais und Reis machten zum einen die Verletzlichkeit vieler Länder, die auf Importe angewiesen waren, deutlich. Gleichzeitig schien sie die Chance zu eröffnen, die Landwirtschaft zu einem Zugpferd ländlicher Entwicklung und wirtschaftlichen Wachstums zu machen. Große Erwartungen standen Pate: Afrika habe das Potential, zum Selbstversorger, gar zum 'Brotkorb der Welt' zu werden. Dafür wurde auf private Investoren gesetzt, die ein wirtschaftliches Interesse an der Entwicklung der Nahrungsmittelproduktion hätten. Ernährungssicherheit und Armutsminderung schienen so mit kapitalistischer Agrarindustrie kongruent zu werden.

Erhebliche Mittel sind seither in die Entwicklung der Landwirtschaft und die Förderung von Investitionen privater kommerzieller Unternehmen geflossen. Doch die meisten Länder in Afrika südlich der Sahara stehen heute genau da, wo sie vor zehn Jahren standen: Das Beispiel Reis zeigt, dass die Potentiale für Produktionssteigerungen bei Weitem nicht ausgeschöpft werden, mit einem Selbstversorgungsgrad von rund 60 Prozent sind viele Länder weiterhin abhängig vom globalen Produktions- und Handelssystem, das von einigen wenigen Produzentenländern, Agrar- und Handelskonzernen sowie von spekulierenden Anlegern gesteuert wird. Dafür wurden viele Menschen von Äckern, Weideland, Wasserquellen und Fischgründen vertrieben und rechtliche und institutionelle Rahmenbedingungen an die Anforderungen der erhofften Agrarinvestoren angepasst – und die Chance, die einheimische bäuerliche Landwirtschaft zu fördern, wurde vertan.

Uwe Hoering, Reis für Afrika. Agraroptimismus revisited. Februar 2017. Download (pdf 460kb)